Weil am Rhein Armin Schuster fühlt sich in Dresden wohl

Siegfried Feuchter
Armin Schuster aus Haltingen ist seit einem Jahr Innenminister in Sachsen und pendelt zwischen Dresden und dem Dreiländereck. Foto: SMI

Seit einem Jahr ist Armin Schuster, langjähriger Bundestagsabgeordneter der CDU und früherer Präsident des Bundesamts für Katastrophenschutz, Innenminister von Sachsen. Seinen Hauptwohnsitz hat er nach wie vor in Haltingen.

Wie herausfordernd seine Aufgabe ist und wie wohl sich Armin Schuster trotz großer Arbeitsbelastung in Dresden fühlt, verdeutlicht er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Sie waren Polizeidirektor bei der Bundespolizei Weil am Rhein, langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter und dann Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, ehe Sie vor einem Jahr dem Ruf des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer folgten und Innenminister wurden. Haben Sie diesen Schritt schon mal bereut?

Nein, definitiv nicht. Es ist beruflich eine enorme Herausforderung für mich, aber das macht es auch gleichzeitig sehr reizvoll. Und Sachsen ist ein Bundesland mit vielen schönen Seiten und hoher Lebensqualität.

Sie fühlen sich also wohl in Dresden?

Sehr sogar. Und das ist wirklich nicht schwer. Der schöne Beiname Elbflorenz scheint mir etwas schmeichelhaft, allerdings für Florenz. In der wenigen freien Zeit genieße ich Spaziergänge mit meiner Frau am Elbufer oder die lauen Abende in der barocken Altstadt. Auch den sächsischen Wein würde ich jedem Südbadener mal empfehlen. Sachsen hat aber wesentlich mehr zu bieten als Dresden – vor allem Leipzig, Chemnitz, das Erzgebirge, die Lausitz oder die Sächsische Schweiz. Und das mit ganz urtypischen Traditionen wie in der Weihnachtszeit die Bergparaden.

Die Position des Innenministers gilt als das schwierigste Amt in Sachsen. War Ihnen das bei Amtsantritt bewusst?

Wissen ist das eine. Es zu erleben, das andere. Ich sage immer: Innenminister in Sachsen ist für einen Motorsport-Fan wie Formel 1 fahren. Hohe Anforderungen, hohes Risiko, aber auch höchste Erfüllung. Und die per se schönen Themen gibt es ja auch noch. Sachsen ist Sport-, Sachsen ist Spitzensport-Land.

Wenn man die Medien verfolgt, dann gelten Sie auch als ein „Hardliner in Sicherheitsfragen“. Ist dem so?

Wenn das Eintreten für Sicherheits- und Ordnungspolitik, für Rechtsstaatlichkeit einen heute zum Hardliner macht, dann ist es wohl so. Ich fühle mich allerdings nicht so. Richtschnur sind für mich unsere Bürgerinnen und Bürger und die kommunale Familie, die sich sicher fühlen sollen. Dafür arbeite ich, sozusagen als Kommunal- und Bürgerminister von Sachsen. Sachsen gehört zu den sichersten Bundesländern, das soll auch zukünftig so bleiben.

Ihre Abschiebepraxis bei Asylbewerbern wird vor allem bei SPD und Grünen kritisch beurteilt. Wie begegnen Sie solcher Kritik?

Mein oberstes Credo lautet: Humanität und Ordnung. Die Entwicklung der letzten Jahre – aber insbesondere das Jahr 2022 – haben gezeigt, dass uns die gegenwärtigen Asyl-Zugangszahlen bei den kommunalen Infrastrukturen wie Unterbringung, Versorgung, Kita, Schule und so weiter in kürzester Frist überfordern werden. Diese Überlastung ist für viele Bürger mit Händen greifbar. Deshalb ist gelingende Migration ein Gebot für den sozialen Frieden.

Und wie sieht diese aus?

Ich erwarte, dass die Bundesregierung sich auf allen Ebenen, europäisch wie international, dafür einsetzt, den Asylzustrom erheblich zu begrenzen, besonders um für ukrainische Geflüchtete weiterhin jede Aufnahmefähigkeit zu gewährleisten. Neben dem Verzicht auf immer neue freiwillige Aufnahmeprogramme heißt das in der Folge auch, wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, muss unser Land auch wieder verlassen, am liebsten freiwillig. Recht und Gesetz gelten auch hier ohne Wenn und Aber. Priorität bei der Abschiebung haben Gefährder, Mehrfach- und Intensivstraftäter.

Angesichts steigender Asylbewerberzahlen haben Sie als Innenpolitiker auch Grenzkontrollen ins Gespräch gebracht. Gilt diese Forderung nur für Sachsen oder das gesamte Bundesgebiet?

Die Erfahrungen in Bayern und einigen Nachbarländern zeigen, dass Grenzkontrollen durchaus geeignet sind, die irreguläre Zuwanderung besser zu steuern und zu begrenzen – dennoch sind sie für mich die Ultima Ratio. Sollte aber der europäische Außengrenzenschutz weiterhin nicht funktionieren und das Durchleiten nach Deutschland nicht aufhören, bleibt als letztes Mittel nur noch, Grenzkontrollen zu fordern. Sie richten sich aber nicht in erster Linie gegen Flüchtlinge, sondern sind ein ernstes Signal an Brüssel und unsere Schengen-Partner. Wir riskieren unsere Reisefreiheit.

Ihr Erstwohnsitz ist nach wie vor Haltingen. Wie oft pendeln Sie zwischen Dresden und Weil am Rhein? Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt, ganz nach Dresden zu ziehen?

Meine Frau pendelt fast mehr als ich. Sie ist immer wieder bei mir in Dresden, auch weil das Amt alles von mir fordert – und das jederzeit. Der private Lebensmittelpunkt meiner Familie bleibt aber Weil am Rhein, so auch während meiner Zeit im Bundestag oder wie zuletzt im Bundesamt für Bevölkerungsschutz in Bonn. Meine Frau kümmert sich weiterhin um Haus und Hof, ist in Weil am Rhein berufstätig und betreut unsere Elternteile. Außerdem bin ich ja Einwechselspieler in der zweiten Halbzeit der Periode, die kommendes Jahr endet. Was dann kommt, steht in den Sternen.

Verfolgen Sie noch die Entwicklung von Weil am Rhein und des Landkreises Lörrach? Wenn ja, was gefällt Ihnen besonders gut und was weniger?

In erster Linie nur noch durch die Gespräche mit meiner Familie und den persönlichen Blick, wenn ich zu Hause unterwegs bin. Was ich da sehe und höre, muss einen nicht besorgen. Was mir als Haltinger Bürger weniger gefällt, ist die Leistung der DB AG an der Heldelinger Unterführung. Worüber ich mich freue ist, dass Diana Stöcker als meine Nachfolgerin mich im Bundestag vergessen gemacht hat. Dieser Übergang hat gut geklappt.

Lässt Ihr Amt noch Zeit, Kontakte zu alten Weggefährten, Bekannten und Parteifreunden im Dreiländereck zu pflegen?

Kaum. Viel Zeit für Persönliches wird dir neben dem „Innenminister-Sein“ nicht gegeben. Ich bin schon dankbar für Kontakte in der Nachbarschaft und Gelegenheitstreffs beim Einkaufen.

Der Sport scheint Ihnen am Herzen zu liegen. Sie sind ein leidenschaftlicher Jogger. Finden Sie noch Zeit zum Joggen, oder wie halten Sie sich fit?

Meinen Sport versuche ich, wann immer es geht, zu retten, ob mit Joggen an der Elbe, dem Rad oder zu Fuß von einem Termin zum nächsten. Und wenn es mal nicht klappt: Als Sportminister bin ich bei vielen Terminen. Zuschauen motiviert ja bekanntlich.

Zur Person

Armin Schuster (61)
ist in Andernach (Rheinland-Pfalz) geboren. Er hatte die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Köln und Lübeck absolviert und studierte später außerdem Wirtschaftswissenschaften. Nach einer ersten politischen Station im Bundesinnenministerium und einer anschließenden Dozententätigkeit an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung leitete Schuster, der verheiratet ist und eine erwachsene Tochter hat, von 2004 bis 2009 als Polizeidirektor die Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein. Danach ging er in die Politik und war von 2009 bis 2020 Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Lörrach-Müllheim, wobei der Vorsitzende des CDU-Kreisverbands stets das Direktmandat errungen hatte. Ende 2020 wurde Armin Schuster Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, und seit dem 25. April 2022 ist er Innenminister in Sachsen.

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