Kranker Schüler weiter Mitglied der Klassengemeinschaft
„Das ist eine wunderbare Sache. Der Schüler ist dadurch weiter ein vollwertiges Mitglied der Klassengemeinschaft“, schwärmt Weiß, nachdem der Avatar zwei Wochen im Einsatz ist. Zuvor mussten allerdings alle Eltern der Verwendung aus Datenschutzgründen zustimmen, auch wenn die Kamera des Roboters nichts aufzeichnet und der Schüler mit seinem Tablet auch keine Screenshots aufnimmt.
Da der Roboter keine Beine oder Räder hat, ist jeden Tag ein anderer Schüler der Klasse für ihn verantwortlich, nimmt ihn morgens von der Ladestation mit in den Unterricht und stellt ihn auf den freien Platz des Schülers im Klassenzimmer oder auf eine Bank in der Sporthalle. „So ist er immer mit dabei – selbst in der Pause“, erzählt Konrektorin Anja Schubert. „Sie behandeln den Avatar wie ein rohes Ei“, ergänzt Weiß. Nicht ohne Grund: Der Roboter kostet rund 4000 Euro.
Aufgrund der Erkrankung kann der Junge nicht den kompletten Vormittag dem Unterricht per Webcam und Mikrofon folgen. Wenn er zu müde ist, lässt er mit einem Befehl den Kopf des Avatars blau leuchten, damit Mitschüler und Lehrer wissen: Im Moment schaue ich nur zu, möchte aber nicht gestört werden.
Wenn die Lämpchen am Kopf hingegen pulsieren, möchte er etwas sagen. Die Stimme wird dann über den integrierten Lautsprecher ins Klassenzimmer projiziert. Außerdem gibt es laut Hersteller einen Flüstermodus, um dem „Banknachbar kleine Geheimnisse zu verraten“.
Und wie zufrieden ist der Benutzer mit seinem Avatar? „Unser Sohn kommt mit ihm sehr gut zurecht“, berichtet die Mutter im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wenn er seine Klasse sieht, gibt ihm das zudem ein Gefühl der Sicherheit. Für ihn als Autist ist zudem ein geregelter Tagesablauf wichtig.“ Um so dankbarer ist sie für die Teilhabe am Schulalltag dank modernster Technik.
Immunsystem des Jungen muss sich erst wieder aufbauen
Denn das Immunsystem des Jungen muss sich nach der Behandlung erst wieder aufbauen. Darum könnte es laut seiner Mutter bis zum Frühjahr dauern, bis er wieder persönlich am Unterricht teilnehmen kann. „Bis dahin wäre er ohne den Avatar komplett abgeschottet. „So ist er mit dabei – und das ganz ohne Infektionsgefahr.“
Selbst zur Behandlung in die Klinik kann er sein Tablet mitnehmen. So hält er vom Krankenbett den Kontakt zur Klasse und kann aktiv am Unterricht teilnehmen, wenn er dafür fit genug ist.
Nur eines stört aktuell noch: der Avatar sieht ziemlich steril und unpersönlich aus. Doch schon bald soll der Vertreter für den Erkrankten laut Isolde Weiß ein gelb-schwarzes Halstuch seines Lieblingsvereins Borussia Dortmund bekommen. Die Mutter schwärmt: „Es ist echt der Wahnsinn, wie toll die anderen Kinder mit der Situation umgehen und wie sie zu meinem Sohn stehen.“