Lörrach Zwischen Verständnis und Vorgaben

Die Oberbadische
Lörrachs erste Kulturadresse: der Burghof Foto: zVg Foto: Die Oberbadische

Behinderung: Möglichkeiten und Grenzen für gehbehinderte Besucher des Burghofs

Die Zeiten, in denen Senioren mit Handicap untätig zu Hause hockten, sind längst vorbei. Auch mit Gehhilfe, Rollator oder Rollstuhl: Die Menschen wollen am Leben teilnehmen – zu Recht. Doch ob auf dem Markt oder dem Postplatz: Lörrach weist wie viele Städte noch „Stolpersteine“ und Barrieren im Stadtbild auf.

Lörrach. Etwa unebenes Kopfsteinpflaster, das gehbehinderten Menschen ein unkompliziertes Vorwärtskommen erschwert. Eine Problematik, die der Stadt bekannt ist und die auch immer wieder vom Behindertenbeirat bemängelt wird. Unter anderem aufgrund des unermüdlichen Engagements des Beirats wurde von städtischer Seite bereits Vieles verbessert, wurden Bürgersteige abgesenkt oder Rampen gebaut.

Diese Maßnahmen weiß auch Irmgard Spohn zu schätzen. Die Lörracherin ist stets mit Rollator unterwegs und bekommt solche Alltagsbarrieren hautnah mit. Doch: Es gibt noch viel zu tun, so ihr Fazit. Richtig geärgert hat sie sich jüngst, als sie wieder einmal eine Vorstellung im Burghof besuchen wollte. Ihren Rollator durfte sie nicht wie gewünscht im Saal an der Seite platzieren. Im Vorraum unter der Treppe – wie von einer Burghof-Mitarbeiterin vorgeschlagen – wollte sie ihn nicht belassen, aus Angst, er könne gestohlen werden. Ein Wort gab das andere – und so wandte sich die Seniorin verärgert sowohl an den Behindertenbeirat als auch an unsere Zeitung.

Für Umstände, die es mit sich bringen, auf Gehhilfen angewiesen zu sein, hat Silke Schultz vom Burghof-Team größtes Verständnis. Schließlich ist die Leiterin „Personal und Kartenhaus“ selbst zeitweise aus gesundheitlichen Gründen auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen. Aus eigener Erfahrung kennt sie also die Situation im Burghof bestens und stellt klar: „Wir geben uns alle größte Mühe, den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden.“

Zu den bereits umgesetzten baulichen Verbesserungen des inzwischen bald 20 Jahre alten Hauses gehören beispielsweise die Rampe und die selbst schließende, beziehungsweise öffnende Eingangstür. „Zu Beginn war das eine schwere, per Hand aufzudrückende Tür. Wie schwer das für Behinderte oder auch für Eltern mit Kinderwagen ist, daran hat man damals beim Bau nicht gedacht", so Schultz.

Im vergangenen Jahr wurde zudem unter hohem baulichen Aufwand im Erdgeschoss ein behindertengerechtes WC eingebaut. Zuvor gab es das nur im Untergeschoss.

Was die Platzsituation von Zuschauern im Saal betrifft, sei der Burghof aber streng an die Richtlinien der Versammlungsstätten-Verordnung gebunden, betont Schultz. „Wir müssen deren Vorgaben genauestens erfüllen.“ So dürfe in den ausgewiesenen Fluchtwegen auf keinen Fall etwas im Weg stehen – eben auch kein Rollator. „Wenn im Ernstfall etwas passieren würde und herauskäme, dass die Fluchtwege nicht frei waren, hätte das schlimmste Konsequenzen für uns“, so Schultz.

Für die Sorge der Burghof-Besucherin um ihren Rollator hat sie durchaus Verständnis. „Nach Rücksprache mit unserer Mitarbeiterin Simone Baer können wir jedoch problemlos für eine sichere Aufbewahrung durch Einschließen während der Vorstellung sorgen“, versichert sie. Betroffene sollten sich im Vorfeld am Kartenhaus melden. „Wir haben hilfsbereite Mitarbeiter“, betont sie, die gründliche Arbeit leisten. Diese aber müssten die rechtlichen Vorgaben einhalten, da gebe es keinen Spielraum. Und so ist es auch nicht möglich, einen am Saaleingang positionierten Stuhl, der für die Platzanweiserin reserviert ist, einfach wegzuräumen oder daneben einen Rollator zu stellen, erklärt sie, auf den Wunsch der Seniorin eingehend. Auch das Positionieren der Rollstühle sei im übrigen streng geregelt: „Nur mit Begleitperson.“

Schultz erklärt, dass man sich im Burghof intensive Gedanken um eine künftige Optimierung der Situation für Behinderte bemühe. Und sie unterstreicht nochmals die Hilfsbereitschaft des ganzen Mitarbeiter-Teams. „Das Thema beschäftigt uns sehr. Schließlich werden die Menschen ja auch immer älter und wollen berechtigterweise trotzdem am kulturellen Leben teilnehmen.“

Viel zu tun gibt es in puncto Verbesserung der Situation von Behinderten nach wie vor in allen Lebensbereichen. Bewusst wird das den Menschen meist erst dann, wenn sie selbst betroffen sind.

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