Von Beatrice Ehrlich Lörrach. Er ist ein Garant für volle Häuser: Im Burghof musste nachgestuhlt werden, als Georg Ringsgwandl am Dienstag sein aktuelles Album „Woanders“ und weitere Lieder vorstellte. Zum Aufwärmen der obligatorische Herfahrtsbericht, von „jungen Männern mit alten Instrumenten“ und ihren Erlebnissen am Schweizer Zoll: „Können Sie das beweisen"“ – nichts ist lustiger als die Aussagen amtlicher Funktionsträger, durch die Brille eines Humoristen betrachtet. Doch Ringsgwandls eigentliche Spezialität sind seine Lieder. Selbst virtuos an der Gitarre, an der Zither und am Keyboard, hat der urmusikalische Oberbayer in drei Mitmusikern treffliche Begleiter gefunden für seinen sezierenden Blick auf die Welt, die ihn umgibt. Konkurrenzdenken, Konsumrausch und gnadenlose Ich-Bezogenheit als Krankheit dieser Zeit sind Themen, die sich wie ein roter Faden durch die Lieder dieses Mannes ziehen, der seinen Arztberuf vor vielen Jahren zugunsten eines Bühnendaseins aufgegeben hat. „Schlimmer könnt’s nicht sein, aber ändern darf sich auch nichts“ – vor allem Frauen sieht der Mann hoffnungslos gefangen in ihrem Streben nach dem perfekten Leben. Es sei alles da, nur die Liebe fehle, hat ihm demnach eine alte Freundin gestanden, die in opulentem Reichtum lebt. Ringsgwandl, der Frauenversteher" Nein, an solchem Lebenswandel übt der Mann, der selbst, so der Titel eines weiteren Songs, in seinem nächsten Leben gern „a Koda“, sprich ein Kater wäre, beißende Kritik. Nicht besser kommen jene weg, die eigentlich Abhilfe schaffen sollen, vom Psychologen bis zum Pfarrer. Vollends grotesk wird es dann, als Ringsgwandl selbst in die Frauenrolle schlüpft. Eine blonde Perücke unterm Hut, im Handumdrehen wandelt sich Ringsgwandls Gesicht zur (Basler) Fasnachtsmaske. Dazu jämmerliches Wimmern im Falsett, übergehend in scheußliche Kehlgeräusche: fertig ist die bodenlos komische, aber auch durch und durch boshafte Karikatur der Karrierefrau kurz vorm Burnout. Das Gegenstück dazu: der Kater. Den ganzen Tag lang schläft er, erst nachts wird er aktiv. Die Sehnsucht des Mannes nach dem einfachen, naturverbundenen Leben wird hier immer wieder manifest in idyllischen Bildern aus der Vergangenheit: von Wald, Wiesen, Weiher und Heu, vom Mann, der Radl fährt und sich mit der Bürste wäscht. Überhaupt, das Landleben: Das Lied vom „Dorf“, das den Strukturwandel auf dem Lande zum Thema hat. „Unser Dorf muss schiecher werden“ (schiech= hässlich, wie er für Nichtbayern nachsichtig übersetzt) stellt er als Motto über den Einzug der Moderne in Form von Gewerbegebieten, Kreisverkehren und Ampelanlagen, den sich Bürgermeister und Gemeinderäte selbst verordnet haben. Ganz zum Schluss leuchtet auch noch der sozialkritische Ringsgwandl auf: Wenn er von den dunklen Ecken Münchens singt, voller Krattler, Arbeitsloser und zerlumpter Kinder, die „lügen wie gedruckt und schneller schlagen als andere“, trifft er bei seinen Zuhörern mitten ins Herz und erntet gerührten Applaus.