^ Lörrach: Mit Bach vom Lörracher Burghof nach Buenos Aires - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Mit Bach vom Lörracher Burghof nach Buenos Aires

Jürgen Scharf
Isabelle van Keulen harmonierte bestens mit Christian Gerber. Foto: Jürgen Scharf

Die Deutsche Kammerakademie Neuss und das Isabelle van Keulen Ensemble überzeugten bei ihrem Gastspiel mit überraschenden Variationen.

Es fällt auf: Immer mehr reine Klassikensembles „wildern“ gern mal in anderen Stilrevieren: von Punkrock bis Jazz, wie unlängst mehrfach im Burghof zu hören war. Jüngstes Beispiel sind die Geigerin Isabelle van Keulen, die sich mit ihrem Quartett und der Deutschen Kammerakademie Neuss mit dem Tango „liiert“ hat.

Für Violine und Bandoneon

Ihr Programm „Variations on Buenos Aires“ bewegt sich zwischen Bach und Piazzolla. Wie schon oft gemerkt, ist Bach nichts anzuhaben. Er verträgt Bearbeitungen aller Art, ob als Saxofonquartett, als „Play Bach“-Jazzverschnitt oder wie in diesem Fall das berühmte Doppelkonzert für zwei Violinen in d-Moll (BWV 1043) in einer ungewöhnlichen Fassung für Violine und Bandoneon.

Das hat Originalität, aber auch eine gewisse Subjektivität, und beweist, wie flexibel Bachs Musik auf solche Bearbeitungen reagiert. Es funktioniert. Bach klingt zwar anders als gewohnt, aber mit der Bandoneon-Stimme farblich klangreich.

Isabell van Keulen besticht mit präziser Artikulation und schlankem, schlackenlosem Vortrag, der Bandoneonist Christian Gerber, von dem auch verschiedene Tangoarrangements für diese kammersinfonische Besetzung stammen, spielt einfühlsam und lässt das Romantische, Sehnsuchtsvolle einfließen.

Konzertanter Tango

Gerade im zweiten Satz gibt es ein schönes Dialogisieren zwischen den beiden Soloinstrumenten, der Violine und dem Harmonikainstrument. In diesem Largo bleibt das Isabelle van Keulen Ensemble unter sich. Das ergibt eine jazzige Note mit Klavier (Frank Schulte) und Bass (Rüdiger Ludwig): Bach auf argentinische Lesart.

In verschiedenen Kompositionen von Piazzolla, die nicht alle so einen Hitcharakter haben wie „Adios Nonino“, schwingt der Ton von sehr kultiviertem, konzertantem Tango mit, einer Art veredeltem Tango Nuevo, der intelligent arrangiert klingt. Im Zusammenspiel herrscht auch eine ausgewogene Balance zwischen den Solisten und dem ebenbürtigen Begleitapparat.

Auch für eingefleischte Piazzolla-Fans war es mal etwas anderes, diese Verbindung von Tango-Ensemble mit Streichern in Orchesterstärke. Eine überzeugende Ensembleleistung, denn die Partituren wurden mit Schwung und rhythmisch vibrierendem Spiel zu neuem Leben erweckt. Solche produktiven Repertoire-Erweiterungen können auch bekannte Stücke (wie in den beiden Zugaben) in ein neues Licht tauchen.

Noblesse und „dirty notes“

Der Klangeindruck war der einer schön polierten Tango-Interpretation, in der die Schleifer, Kratzer, Glissandi, Verzögerungen und „dirty notes“ mit klassischer Noblesse geglättet werden zugunsten eines rhythmisch geschärften, punktgenauen Schönklangs.

Gleichwohl finden sich elegische Momente und etwas gemäßigt die aufheulenden Streichereffekte der Tangomusik, die man, wie Piazzolla einmal sagte, „unter der Haut trägt“. Mit solchem wunderbarem Tangosound gewinnt man auch die angestammten Klassikfreunde.

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