Er habe das israelische Verhandlungsteam, das sich derzeit in Kairo befinde, angewiesen, an Israels Bedingungen festzuhalten, teilte Netanjahu weiter mit.
Ägypten verurteilt Israels Militäraktion in Rafah
Ägypten verurteilte das Vorrücken der israelischen Armee in Rafah scharf. Das Außenministerium in Kairo sehe darin eine "gefährliche Eskalation, die das Leben von mehr als einer Million Palästinenser" bedrohe. Ägypten rufe die israelische Seite dazu auf, ein Höchstmaß an Zurückhaltung zu üben und nicht mit dem Feuer zu spielen. Israels Nachbarstaat befürchtet unter anderem, es könnte bei einer großangelegten Offensive in Rafah zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen.
In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Sowohl der Grenzverkehr als auch die Einfuhr humanitärer Hilfe wurden vorerst eingestellt. Der militärische Hamas-Arm griff unterdessen am Dienstag erneut den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom mit Raketen und Mörsergranaten an. Erst am Sonntag hatten die Kassam-Brigaden bei einem Raketenangriff auf Kerem Schalom vier israelische Soldaten getötet. Kerem Schalom, wichtigster Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen, wurde daraufhin ebenfalls vorerst geschlossen.
Israel: "Präziser Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang"
Der israelische Militärvertreter sagte zu den aktuellen Entwicklungen, es handele sich um einen "präzisen Anti-Terror-Einsatz in sehr begrenztem Umfang". Spezialtruppen durchsuchten den Rafah-Übergang nach Terroristen. Es gebe Hinweise darauf, dass die Hamas die Gaza-Seite des Übergangs für Terrorzwecke missbraucht habe.
Das Nachrichtenportal "Axios" berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsbeamte, der Einsatz von Panzern und Bodeneinheiten östlich von Rafah sei als erste Phase der Offensive zu verstehen. Die Übernahme des Grenzübergangs Rafah solle nicht nur den Machtverlust der Hamas im Gazastreifen demonstrieren. Anschließend sollten Palästinenser ohne Verbindung zu den Islamisten an der Verteilung von Hilfsgütern beteiligt werden, die aus Ägypten in das abgeschottete Küstengebiet kommen.
UN und USA warnen vor Bodenoffensive
Die humanitären Organisationen der Vereinten Nationen verurteilten Israels Vorrücken in Rafah. Für die Zivilbevölkerung gebe es keine sicheren Routen Richtung Norden und keine sicheren Zufluchtsorte mit ausreichend Sanitäranlagen und Nahrungsmittelversorgung. Dies seien Grundvoraussetzungen für Evakuierungen, sagte die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, am Dienstag in Genf. Wenn diese nicht erfüllt seien, handele es sich um Zwangsumsiedlungen, die Kriegsverbrechen darstellen könnten.
Israel hatte am Montag etwa 100.000 Palästinenser aufgefordert, den östlichen Teil von Rafah aus Sicherheitsgründen zu verlassen. Die betroffenen Bewohner sollten sich in das Gebiet Al-Mawasi nahe der Küste begeben, ihre Versorgung mit Nahrungsmittel, Wasser und Medikamenten könne dort gewährleistet werden.
Die US-Regierung geht nach jetzigem Stand nicht davon aus, dass es sich um den Beginn einer großangelegten Offensive des israelischen Militärs handelt. Das teilte ein US-Regierungsvertreter am Montagabend (Ortszeit) in Washington mit. An den ernsthaften Bedenken der amerikanischen Seite wegen einer solchen Militäroffensive in dem dicht besiedelten Gebiet habe sich aber nichts geändert.
Nach Aussagen der Vereinten Nationen halten sich gegenwärtig insgesamt 1,2 Millionen Menschen in Rafah auf, wo sonst nur etwa 250.000 Menschen lebten. In den vergangenen Tagen und Wochen haben die US-Regierung und andere Verbündete Israels immer wieder vor den Folgen eines Militäreinsatzes in Rafah gewarnt.
Guterres: Entscheidender Moment für Palästinenser und Israelis
Nach dem Vorrücken der israelischen Armee in die Stadt Rafah im Gazastreifen hat UN-Generalsekretär António Guterres beide Konfliktparteien zu einer Einigung in letzter Minute aufgefordert. "Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment für das palästinensische und israelische Volk und für das Schicksal der gesamten Region", sagte Guterres in New York. Er sei beunruhigt über erneute israelische Militäraktivität in dem Gebiet. "Täuschen Sie sich nicht – ein Großangriff auf Rafah wäre eine menschliche Katastrophe", so der Chef der Vereinten Nationen weiter.
Selbst Israels Verbündeten sei klar, dass "ein Angriff auf Rafah ein strategischer Fehler, eine politische Katastrophe und ein humanitärer Albtraum wäre". Um dies zu verhindern, müssten die israelische Regierung sowie die islamistische Hamas nun "politischen Mut zeigen" und eine Einigung bei ihren Verhandlungen erzielen, sagte Guterres weiter. Er betonte, dass nur so eine Stabilisierung der Region erreicht werden könne, die ansonsten zu explodieren drohe. Er forderte die israelische Regierung zudem auf, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen und zuletzt geschlossene Grenzübergänge wieder für Hilfsgüter zu öffnen. Der Treibstoff in dem Gebiet werde schon am Abend zur Neige gehen.