Sicherheit sei kein Bereich, in dem gespart werden könne, heißt es beispielsweise aus dem Haus von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Bundesregierung dürfe weder ihr Engagement zur Begrenzung irregulärer Migration zurückfahren noch die Integration vernachlässigen. Angesichts der russischen Aggression in Europa seien sowohl in den Sicherheitsbehörden als auch in der zivilen Verteidigung Investitionen unvermeidbar. Faeser hatte zuletzt betont, sie wisse, "dass dem Bundesfinanzminister die Bedeutung der inneren Sicherheit bewusst ist".
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte das Ampel-Kabinett am Donnerstag noch einmal demonstrativ auf, "sich an den Konsolidierungskurs zu halten, den Kanzler Scholz und die Minister Lindner und Habeck gemeinsam vereinbart haben".
Was schon nach außen drang
Als Grundlage für seinen Haushalt will Lindner die im Kabinett bereits beschlossene mittelfristige Finanzplanung nehmen. Demnach müssten ausgerechnet das Außenministerium und das Entwicklungsministerium hohe Einschnitte verkraften. Wie vorab zu hören war, wollen beide Ministerinnen das nicht hinnehmen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) müsste statt mit mehr als 6 demnach mit um die 5 Milliarden Euro auskommen - trotz der Kriege in der Ukraine und in Gaza, wo viel humanitäre Hilfe nötig ist. In die Verhandlungen geht Baerbock dem Vernehmen nach nun mit einer Forderung von rund 7,3 Milliarden - davon eine knappe Milliarde zur Unterstützung der Ukraine.
Auch Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) ist mit Lindners Vorgaben nicht glücklich. Sie wies im Interview der "taz" kürzlich auf die geostrategische Bedeutung von Entwicklungszusammenarbeit hin. "Da, wo der Westen sich zurückzieht, geht Russland rein." Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) forderte bereits 6,5 Milliarden Euro zusätzlich.
Woher das Geld kommen könnte
Mehr Geld für die Bundeswehr und die Ukraine, da dürften auch Scholz, Habeck und Lindner nicht widersprechen. Aber es muss ja auch das vom Wirtschafts- und vom Finanzminister seit Wochen groß angekündigte Paket zur Unterstützung der schwachen Wirtschaft - Stichwort "Wirtschaftswende" - finanziert werden. Woher soll das Geld kommen? Wohl nicht über eine Reform oder Ausnahme der Schuldenbremse - denn in dieser Debatte bleiben die Fronten zwischen Grünen und SPD auf der einen und FDP auf der anderen Seite verhärtet.
Auch die Steuerschätzung am 16. Mai dürfte diesmal kaum Entlastung bieten, schlägt sich doch die schlechte Konjunktur so langsam auch auf die Steuereinnahmen nieder. Dafür darf Lindner wegen der schwachen Wirtschaftsprognose zwar mit etwas mehr Schulden planen, doch auch die sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Nun hat der Finanzminister dem Vernehmen nach eine Liste wieder herausgekramt, die sein Ministerium im vergangenen Jahr anfertigte. Laut "Handelsblatt" enthält sie 21 Subventionen in Höhe von 9 Milliarden Euro, die nach Ansicht des Finanzministeriums wegen ihrer zweifelhaften Wirkung abgeschafft werden könnten. Dem Bericht zufolge stellen Lindners Beamte darin etwa die Steuerbefreiung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen infrage. Am Maifeiertag versicherte Lindner allerdings auf X: "Das plant keiner." Wie schnell man sich wegen Subventionskürzungen den geballten Zorn der Bürger einhandeln kann, hat die Ampel zum Jahreswechsel erst bei den Bauernprotesten erlebt.
Union: Haushalt wird zur Schicksalsfrage der Ampel
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sieht in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt für 2025 eine "Schicksalsfrage" der Ampel-Koalition. "Es geht nicht nur um fehlende Milliarden, sondern grundsätzlich darum, ob diese Regierung es schafft, den Kurs zu ändern und den Haushalt wirklich umzubauen, um die neuen Aufgabenstellungen bei den Themen Wirtschaftswachstum und Verteidigung anzugehen", sagte Middelberg der Deutschen Presse-Agentur.
Bisher seien neue Herausforderungen über neue Schulden abgewickelt worden. Jetzt müsse sich zeigen, ob sich die FDP mit Forderungen nach echten Einsparungen durchsetzen könne.
Wie es weitergehen kann
Eigentlich muss den Regierungsspitzen Scholz, Habeck und Lindner alles daran gelegen sein, den Haushalt in diesem Jahr ohne öffentliche Tiefschläge und Spekulationen über einen Koalitionsbruch über die Bühne zu bringen. Zu viel Vertrauen ging bei den letzten Verhandlungen verloren, nach denen viele Bürger der Ampel die Regierungsfähigkeit absprachen. Doch Beobachter sind sich einig: Das Ringen um Milliarden und politische Grundsätze könnte die Koalition diesmal wirklich an ihre Grenzen führen.