Den kreativen Kräften freien Lauf lassen und die Harmonie zwischen Natur und Mensch herstellen – das ist das Ziel von Wigand Neumann, der ab Mai in Kandern szenarische Stadtführungen anbieten wird. Die Schauspielerei ist seine Leidenschaft, und so schlüpft er in die Rolle des von ihm so verehrten August Macke. Von Sarah Trinler Kandern. „Kandern ist der Ort, der mich bisher am meisten angezogen hat“, sagt Wigand Neumann, der die letzten fünf Jahre in der Töpferstadt gelebt hat. Nun ist er mit seiner Frau und seinen drei Kindern auf den Salzert gezogen – rein aus Platzgründen, denn eigentlich wäre er gerne in Kandern geblieben. In Basel bietet Wigand Neumann seit 2013 Stadtführungen als historischer Nachtwächter an, und genießt die direkte Erfahrung mit dem Publikum. „Zuerst war es schon eine Herausforderung, im Theater ist man vom Publikum viel weiter entfernt“, sagt Neumann. Bei Stadtführungen komme außerdem die Unberechenbarkeit des Wetters und des Ablaufs hinzu, so könnte etwa eine Polizeikontrolle das Publikum ablenken. Dieses besondere Schauspiel in der Stadt Kandern, die ihm so viel bedeutet, ausleben zu können, war die Idee hinter den August-Macke-Führungen. Sie ist seit 2013 gereift. Neumann hatte sich damals Bücher bestellt und viel über August Macke (1887 bis 1914) recherchiert. Mit der Zeit sind dann Texte, Orte, Kostüm und vieles mehr hinzugekommen – eine historische Stadtführung braucht eben viel Vorbereitung. „Auch früher schon, als ich in meiner Jugendzeit öfters als Radsportler hier diese schöne Kastanienallee an dem Fluss der Kander passierte, wusste ich, dass ich mich hier sehr wohl fühlen könnte“, sagt der gebürtige Rheinfeldener. Als Kandern dann tatsächlich seine Heimat wurde, hat er die Stadt als „Ort des Genusses“ kennengelernt. Auch das verbindet ihn mit dem bekanntesten deutschen Maler des Expressionismus’, der in seiner Jugend regelmäßig kreative Wochen in Kandern bei seiner Schwester, der „Krone“-Wirtin, verbrachte. Hier fand Macke Ruhe und Konzentration. Fragen über denSinn der Kunst Natürlich weckte auch der Kanderner August-Macke-Weg, initiiert von Karlheinz Beyerle, schnell die Aufmerksamkeit von Wigand Neumann. „Vor allem Mackes Fragen nach künstlerischer Weiterentwicklung fesselten mich“, so der neue Stadtführer Kanderns. Und das nicht ohne Grund: Auch Neumann beschäftigten nach seiner Ausbildung an der Schauspielschule in Freiburg Fragen über den Sinn und Zweck der Kunst. Immer wieder verfolgten ihn Selbstzweifel, so dass er für eine kurze Zeit sogar die professionelle Schauspielerei „an den Nagel hängte“ und als Gerüstbauer seine Brötchen verdiente. Dazu muss man wissen, dass Neumanns Weg zur Schauspielerei ein ungewöhnlicher war: In seiner Kindheit und seiner Jugendzeit war er meist nervös und unsicher. Als er dann während seiner Bundeswehrzeit zu einem Kameraden gesagt hatte „Ich werde Schauspieler“, hatte dieser ihn nur ausgelacht. Doch Neumann kämpfte für seinen Traum und ging zur Aufnahmeprüfung an die Schauspielschule in Freiburg. Rückblickend gibt er zu, dass seine damals gezeigte Leistung nicht besonders gut war, doch die Schulleiterin hatte wohl irgendetwas in Neumann gesehen und sich ihm gleich angenommen. Durch viel Übung und persönliches Coaching bekam Neumann mit der Zeit Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein und konnte zeigen, dass ein guter Schauspieler in ihm steckt. „Ich bin der Schule im Herzen sehr verbunden“, sagt der 42-Jährige. Mackes Bilder mit Natur vereinen Neumann verspricht bei seinen Stadtführungen „einen vergnüglich geführten Spaziergang durch Kandern“, auf dem Kulturinteressierte und Touristen dem Maler August Macke nachfühlen können. Die bekannten Bilder Mackes – in Kandern sind etwa 20 Ölgemälde, zahlreiche Zeichnungen, mehrere Skizzenbücher und verschiedene Aquarelle entstanden – möchte Neumann auf dem Spaziergang mit der umliegenden Natur vereinen. Historische Fakten sind längst bekannt, aber Mackes Gefühle bei der Entstehung seiner Bilder sollen durch Neumanns Interpretation neue Antworten finden. „Selbst sein früher Tod mit gerade mal 27 Jahren findet am Ende der Führung eine große Sinnhaftigkeit für die Nachwelt“, verspricht Neumann.