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Basel „Wir haben kein Sicherheitsproblem“

Michael Werndorff
Wieder einmal kam es im Industriegebiet Schweizerhalle zu einer Havarie. Foto: CABB

Der Chemieunfall in Schweizerhalle hat gezeigt, dass Rettungsorganisationen auf Havarien gut vorbereitet sind. Derweil sieht die Politik Handlungsbedarf, damit sich solch ein Vorfall nicht wiederholt. Und: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt.

Bei der Firma CABB in Pratteln/Schweizerhalle ist es am Freitagabend zu einem Chemieunfall gekommen. Der Vorfall führte zu einem Großeinsatz der Blaulichtorganisationen. Zunächst war unklar, um welche Chemikalie es sich handelte. Untersuchungen zeigten dann: Es war Essigsäurechlorid, das leicht entzündlich ist und eine heftige Reiz- und Ätzwirkung auf die Atemwege hat.

Rund sechs Stunden brauchten die Wehrleute, um den Stoffaustritt in einem Produktionsgebäude an der Düngerstraße mittels Sprühen einer Wasserwand unter Kontrolle zu bringen. Spezialisten der Feuerwehr unternahmen an verschiedenen Orten der Region Messungen, die laut einer Mitteilung des Baselbieter Führungsstabs zu keinem Zeitpunkt erhöhte Werte anzeigten. Der Austritt führte aber zu einer gut sichtbaren Säurewolke und Geruchsbelästigung in der Umgebung.

Durchsagen im Radio

Die Bevölkerung wurde vorsorglich per Radio und der App Swissalert dazu aufgerufen, Türen und Fenster zu schließen und sich nicht im Freien aufzuhalten. Entwarnung sei am frühen Samstagmorgen gegeben worden, wie die Baselbieter Polizei mitteilte. Auf Sirenenalarm wurde verzichtet, da keine unmittelbare, akute Gefahr für die Menschen bestanden habe, wie Patrik Reiniger vom Kantonalen Krisenstab Baselland gegenüber dem SRF erläuterte. Man habe die Bevölkerung so gut es ging alarmiert. „Es ist uns bewusst, dass wir nicht alle Bewohner bei so einem Ereignis erreichen können. Mit Alertswiss, regelmäßigen Radiodurchsagen und Mitteilungen in den Sozialen Medien haben wir doch eine große Mehrheit erreicht.“ Es ist nicht das erste Mal, das CABB Negativschlagzeilen macht. In der Vergangenheit war es immer mal wieder zu Zwischenfällen gekommen. Tragisch: Im Sommer 2014 starb ein junger Chemiekant aufgrund eines Stoffaustritts.

In diesem Zusammenhang wurde ein Angestellter von der Firma im Jahr 2019 vom Strafgericht Baselland der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Der Vorgesetzte des Verurteilten wurde freigesprochen. CABB bedauert das erneute Ereignis. „Wir verfügen über ein umfassendes Sicherheitsdispositiv und Einsatzmanagement, das bei einem Ereignis sofort zum Tragen kommt. Das war auch hier der Fall. Es ist eine Tatsache: In der chemischen Produktion arbeiten wir mit Stoffen und Produkten verschiedener Gefahrenklassen. Diesen Gefahren sind wir uns aber jederzeit bewusst und beherrschen diese“, lässt sich Werksleiter Uwe Müller in einer Mitteilung zitieren.

App hat funktioniert

Das Unternehmen zeigt sich derweil zufrieden, dass die Alarmierung der Bevölkerung über die App Alertswiss einwandfrei funktioniert habe. Dies führe allerdings auch zu einer hohen Medienaufmerksamkeit und zu einer nicht in jedem Fall sachlichen Darstellung der Ereignisse, heißt es weiter. So wurden bereits kurz nach dem Alarm Parallelen zum Sandoz-Brand von 1986 gezogen. „Solche Darstellungen verunsichern die Bevölkerung unnötig“, erklärte Müller. Die Ursache der Havarie würde nun untersucht, kündigte der Werksleiter an. Weiterhin erklärte er, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren rund 100 Millionen Franken in Sicherheit, Umweltschutz und die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter investiert habe. Das Werk habe jedenfalls kein Sicherheitsproblem. Ereignisse wie Freitagnacht seien sehr selten.

Derweil sieht die lokale Politik Handlungsbedarf: Der Gemeindepräsident von Pratteln, Stephan Burgunder, erklärte, dass die Lage zwar unter Kontrolle, das Ausmaß aber sehr groß gewesen sei. „Wir schrammen immer knapp an einer Katastrophe vorbei, wir müssen jetzt wirklich etwas machen, damit so etwas nicht mehr vorkommt.“

Die Regierung sei nun gefordert, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen, findet auch Stephan Ackermann, Grünen-Fraktionspräsident im Landrat. Wegen der CABB hatten die Grünen in den vergangenen Jahren wiederholt politische Vorstöße gemacht. „Es kann immer mal etwas passieren, aber irgendwann reißt der Geduldsfaden“, lässt sich der Politiker zitieren. Das Vertrauen der Bevölkerung in das Unternehmen sei mittlerweile verloren. Deshalb müsse die Regierung Antworten liefern.

Strafverfahren eröffnet

Die Baselbieter Staatsanwaltschaft hat nach dem Chemieunfall vom Freitag ein Strafverfahren gegen Unbekannt eröffnet. CABB gerät damit nicht zum ersten Mal ins Visier der Justiz. Ob eine strafrechtlich relevante Handlung zum Stoffaustritt geführt habe, sei Gegenstand der laufenden Abklärungen, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage mit. Derzeit ermittle die Polizei die Ursache des Stoffaustritts im Produktionsgebäude an der Düngerstraße.

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