Basel Professionelle Show voller schräger Klänge

Die Oberbadische
„Afenginn feat. Contrapunkt Chor & Friends“ im Wenkenhof: ein abenteuerliches „Stimmen“-Projekt mit einer brodelnden Mischung aus nordischem Folk, Balkan-Pop und Klezmer Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Stimmenfestival: „Afenginn feat. Contrapunkt Chor & Friends“ in der Reithalle des Riehener Wenkenparks

Von Jürgen Scharf

Riehen. Sie entern die Bühne in der Reithalle im Wenkenpark, stellen sich breitbeinig vor den Chor und sehen aus wie aus der Zeit gefallene Bänkelsänger. Der Wildeste der Gesellen der ungewöhnlichen dänischen Folkband ist Mastermind Kim Nyberg, finnischer Mandolinist, Typ langmähnige Hippieromantik.

Dieser verrückte Folk-Zirkus namens Afenginn trifft an dem auswärtigen „Stimmen“-Abend auf einen Basler Auswahlchor rund um den Contrapunkt Chor, darunter vier junge Vokalisten des professionellen Novantik Projects – alle unter der Leitung der schon immer experimentierfreudigen jungen Chorleiterin Abélia Nordmann.

Kräftig gewürzter Eintopf aus Balkan-Beats, Nordic Folk und viel Klezmer

„Afenginn feat. Contrapunkt Chor & Friends“: Bei diesem Treffen bringen die Gastsänger Abwechslung in die abenteuerliche Melange aus Contemporary Folk und stimmliche Würze in den instrumental kräftig gewürzten Eintopf aus Balkan-Beats, Nordic Folk und viel Klezmer.

Doch es ist mehr die professionelle Show voller schräger Klänge von Afenginn, die nicht für sich spielen, sondern wirklich fürs Publikum. Jedes Stück hat einen anderen Stil. Nordische Musik? Auch, aber die bunte Truppe des bühnenpräsenten Komponisten und heimlichen Bandleaders Nyberg ist musikalisch neugieriger. Man könnte die Musik auch furchtlosen Stil-Eklektizismus nennen, zumindest aber eine frische und furiose Folk-Baltica-Mischung.

Eine Prise Punk-Power und Folk-Jazz-Anklänge sind ebenso dabei wie Minimalistisches und Filmmusik. Ja, sogar der ehrwürdige Carl Orff erscheint. Mithin ein berauschendes Crossover durch die Weltmusik, und eigentlich klingen sie viel osteuropäischer als man es nach ihrer Herkunft vermuten dürfte. Und wenn man meint, etwas Russisch-Orthodoxes herauszuhören, kann das durchaus stimmen, genauso wie die klassischen Einflüsse.

Afenginn assimilieren die Weltmusikstile und machen sie zu einem eigenen Sound. Schon ihre vorletzte CD „Bastard Ethno“ signalisierte ja, wo sie stehen. „Lux“ heißt ihre neue CD, und auch das erste Stück im Programm ist hier „Licht“. Das Booklet der CD ist übrigens sehr auffallend (ein Afenginn-Mitglied führt es nach dem Konzert dem Publikum stolz vor): Man kann es auffalten und es zeigt eine Sternenkarte. „Lux“ verweist darauf, warum manches in diesem neuen Programm etwas sphärisch abgehoben tönt.

Das klingt jetzt, als hätten Afenginn allein das Konzert bestritten. Aber es war schon so, der Contrapunkt-Projektchor fungiert in dem etwas umständlich „Choirnevale“ bezeichneten Programm mehr als Backgroundchor und hat viel Pause. Die engagierten Sänger bleiben mehr im Hintergrund (schon rein optisch von der Aufstellung her), sind mehr das harmonische Gerüst für die Band. Drei der elf Stücke plus Zugabe hatten Text, der klang nach lateinischer Fantasiesprache, einer Art Esperanto, das zu diesem musikalischen Amalgam passt, der Rest waren reine Vokalisen.

Natürlich steht diese auffallende Folkband im Blickpunkt der Zuschauer, zumal sie auch musikalisch Deftiges abliefern. Ein Sound mit Geige, Cello, Mandoline ist schon mal ungewöhnlich, dazu Marimba und Perkussion. Drummer Knut Finsrud gerbt seine Felle nur dezent, plant die Rhythmus- und Tempowechsel gut, ohne gleich eine Session abzuhalten. Ihr älteres Lied „Fotonen“ kommt mit jazzigem Bass und wimmernder Geige; voller Power und mit Carmina Burana-Anklängen schlägt das „Ostinato Repetuum“ ein, während die fröhlichen Balkan-Rhythmen zum Mitklatschen animieren.

Neben viel Auskomponiertem haben die Musiker auch viel Freiheiten beim Improvisieren, vor allem die typische Klezmer-Klarinette (Rasmus Kroyer) und die romantische Fidel (Niels Skovmand). Ein vielstimmiger Sound also mit einigen interessanten stilistischen Eskapaden, ein paar wirklich schönen Momenten, getragenen Musikteilen, kurz: ein spannendes Experiment für stilistische Grenzgänger.

Zum Schluss werden Afenginn ganz zahm. Da lassen die Nordlichter Schnee rieseln, fallen die glitzernden Schneeflocken wie Kristalle aus den Verstärkerboxen. Leider rauschten die Scheinwerfer an den leisen Stellen sehr laut, so dass sich manchmal die Sounds zu einer brodelnden musikalischen Ursuppe mischten.

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